Der verkaufte Bürger

Aus der Welt der Oper kennen wir eine wunderschöne Oper, „Die verkaufte Braut“. Im Libretto keine Verfassung und keine Strafgesetze gegen Missbrauch der Privatsphäre, geschweige denn Recht auf informationellen Schutz von persönlichen Daten. Die Braut wehrt sich selbst – es ist eine mediale Illusion – eben eine Oper.
Wir erleben statt dessen im Rahmen der freiheitlich demokratischen Grundordnung ein Schmierentheater der deutschen Bürokratie, „Der verkaufte Bürger“ wird andauernd gegeben – gerade so, als ob wir keine eindeutige Verfassung hätten. Wir haben eine der besten Verfassungen der Welt, aber wer hält sich dran? Staatliche und kommunale Behörden treiben einen regen Handel mit den ihnen anvertrauten Daten der Bürger. Der Staatsbürger geht seiner gesetzlichen Pflicht nach, meldet sich beim Einwohnermeldeamt an, damit die Behörden und das Finanzamt diesen Bürger verwalten können. Somit hält sich der Bürger an den Staatsvertrag. Die Meldebehörde verkauft neben der Administration die Daten für hunderttausende Euro an die Wirtschaft, die mit Hilfe dieser Adressen dann dem gleichen Bürger ungeschützt mit irgendwelchen Vertriebsaktivitäten auf die Nerven fallen.

Schaar forderte gestern ein allgemeines Widerspruchsrecht der Bürger gegen die Weitergabe dieser Daten. „Derzeit gibt es eine Auskunftssperre nur ausnahmsweise, etwa wenn man bedroht wird. Dies ist völlig unzureichend“, sagte er.

Wachsam

Obwohl die Runde bei Wolfgang Schäuble heute Morgen eine entschiedene Haltung auf den Tag legte, hat sie sich nicht getraut, den Handel mit persönlichen Daten zu verbieten. Die Regierung traut sich nicht, den Bürger vor der gierigen Wirtschaftslobby zu schützen. Herr Seehofer sagt, der Bürger müsse wachsam über die Verwendung seiner Daten wachen, überlässt es aber einem undurchsichtigen Dschungel von Händlern und Zwischenhändlern, gegen die sich nach Herrn Seehofer der Bürger „sportlich“ wehren soll. Gleichgültigkeit gegenüber Verfassungsrechten könnte man als Minister nicht besser darstellen. Gleichzeitig werden wohl die Behörden den Marketingabteilungen der Wirtschaft angegliedert.

 

Daten sollen privater werden
Die Bundesregierung will Datenhändlern das Handwerk legen. Innenminister Wolfgang Schäuble kündigte am Donnerstag an, dass Bürger in die Weitergabe ihrer Daten künftig ausdrücklich einwilligen müssten. Auch die Bußgelder gegen Verstöße sollen steigen.

Vollzugsdefizite und Regelungslücken beim Datenschutz will der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Jörg Schönbohm, mit Ländervertretern in einer Arbeitsgruppe ermitteln. Die Ergebnisse sollen spätestens im November vorliegen. Der brandenburgische Innenminister sagte, dass Schäubles Datenschutzgipfel „im Ergebnis mehr brachte, als ich vorher erhoffte“.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar sagte, das Prinzip „Einwilligung statt Widerspruch“ für die Weitergabe von Adressen werde voraussichtlich nicht für Unternehmen gelten, die Daten nur für eigene Zwecke erheben.

Ich meine, es muss generell eine Auskunftssperre gelten, Daten dürfen nur auf gesetzlicher Grundlage und nur im Rahmen des beamteten staatlichen Schutzes für hoheitliche Aufgaben erhoben und dürfen ohne Zustimmung des Bürgers nicht weitergegeben werden. Analog muss in der Bankenwelt und in der Wirtschaft verfahren werden. Wie heute in Berlin bei der Datenschutzrunde angedacht, dürfen die Unternehmen nur für eigene Zwecke Daten erheben. Manche Unternehmen betrachten den Verkauf von Daten auch als Eigenzweck. Gerade das verstößt aber gegen die Verfassung und gegen den Geist des Datenschutzes.

Bußgelder reichen dabei nicht aus. Es muss empfindliche Strafen für Missbrauch und Verletzung der Privatsphäre geben; ebenfalls muss das durch Verkauf von Daten erworbene Vermögen eingezogen werden. Im Bereich des Handlings mit Daten herrschen offenbar bereits Verhältnisse, wie auf dem Drogenmarkt oder wie im Handel mit Plagiaten. Solange wir hier keine eindeutige Klarheit haben, ist es nicht auszudenken, was mit der bevorstehenden Gesundheitskarte für Unsinn betrieben wird. Wer einen unverdrossenen Staatsbürger haben will, muss ihm umfassenden Schutz vor Missbrauch gewähren. Wenn der Umgang mit Daten nicht strickt geregelt wird, dann ist es eine Verletzung der staatlichen Sorgfaltspflicht den Bürgern gegenüber. d.h. Verletzung des Staatsvertrages, auf den sich der Bürger bei jedem Gang zum Amt verläßt.

 

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