Prager Frühling 1968 – Theorie des Dritten Weges

Jan Palach 1969

Jan Palach (* 11. August 1948 in Mělník; † 19. Januar 1969 in Prag) war ein tschechoslowakischer Student, der sich aus Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings und gegen das Diktat der Sowjetunion selbst verbrannte.

Er wollte damit, knapp fünf Monate nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei, ein Zeichen gegen die Rücknahme der Reformen der Regierung Alexander Dubčeks und die daraus folgende Lethargie und Hoffnungslosigkeit der tschechoslowakischen Öffentlichkeit setzen (Wikipedia).

In einer Stunde ist es soweit. Es ist der 20.8.2008, 22.00 Uhr.

Am 20.8.1968 haben die Armeen des Warschauer Paktes die Grenzen der CSSR um 23.00 Uhr widerrechtlich übertreten, der Prager Flughafen wurde besetzt und von dort Schlüsselbehörden der Regierung, der Administration und der Rundfunk besetzt. Die Regierung verhaftet, Dubcek verhaftet. Die ersten ungläubigen Reaktionen wurden innerhalb einer viertel Stunde vom nackten Entsetzen ersetzt. Es wurde tatsächlich wahr, die Russen haben wieder zugeschlagen, wie 1956 in Budapest/Ungarn. Sogar die in der Zerschlagung des Ungarischen Aufstandes bewährten russischen Spezialeinheiten sind für die Besetzung von Prag 1968 eingesetzt worden.

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Der Einmarsch in Prag war auch ein Déjà-vu: 1953 war das gleiche in Ost-Berlin geschehen, 1956 in Budapest. Man wusste, wie das aussieht, wenn die Truppen des Brudervolks kommen.

Und 800 Panzer mehr, als beim Überfall der Tschechoslowakei 1938 Hitler eingesetzt hatte. Breschnew gab 1968 den Befehl zum Einmarsch. Allerdings wurde den ostdeutschen Genossen verboten, an der Niederschlagung der Demokratieentwicklung teilzunehmen. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch Nazi-Deutschland 1938 wollte man Deutsche nicht dabei haben, fürchtete man doch als negative Erinnerung eine verstärkte Reaktion der Bürger auf DDR-Panzer.


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Karner: Das war Kirill Masurow, ein Mitglied des Politbüros der KPdSU aus Weißrussland. Bei diesem Mann laufen die letzten Fäden zusammen, politisch und militärisch. Kaum in Prag gelandet, kommen zwei linientreue Tschechowslowaken, Alois Indra und Vasil Bilak, auf ihn zu und sagen: „Bitte, seien Sie vorsichtig. Keine Deutschen bei uns.“ Und quasi in letzter Sekunde schickt Masurow Breschnew diese Botschaft. Breschnew hat zu entscheiden: Was mache ich? Lass ich die NVA einmarschieren, ja oder nein? Und da hat Breschnew doch ein gewisses historisches Sensorium. Wir dürfen nicht vergessen, Breschnew kommt auch noch aus dem 2. Weltkrieg heraus. Er hat ein Sensorium dafür, und daher sagt er: „Okay, das verstehe ich, die NVA bleibt in den Kasernen.“

Prag-1968

Die Okkupation der damaligen CSSR hat der russischen Armee 1968 die Realisierung eines lang gehegten Wunsches ermöglicht, auf dem Gebiet der CSSR einen Atomwaffenlager einzurichten. Waffen, die gegen die NATO gerichtet waren. So hat die damalige Führung der Sowjetunion die Propaganda des damaligen Staatsratsvorsitzenden der DDR, Walter Ulbricht zu eigenen Zwecken im Warschauer Pakt instrumentalisiert. Der Prager Frühling ist letztlich deshalb von den sog. Bruder-Staaten niedergeschlagen worden, damit Demokratisierungen im Ostblock im Keim erstickt werden und im Zuge der nachfolgenden erzwungenen „Normalisierung“ die Atomwaffenlager von der Sowjetunion errichtet werden können.

NATO: Moskau macht ernst
Es wird frostiger zwischen West und Ost. Erst legt die NATO alle Gespräche mit Russland wegen des Georgien-Konflikts auf Eis, dann schließen die USA einen Raketendeal mit Polen. Und nun friert Moskau die militärische Zusammenarbeit mit der NATO ein.

Warten auf russischen Abzug
Die Zeit läuft – bis heute Abend will Russland seine Truppen aus dem georgischen Kerngebiet abgezogen haben. Ob sich Moskau alelrdings an diese Zusage hält, bleibt offen. Am Donnerstag befanden sich die Einheiten noch tief in Georgien.

Das erinnert uns beim 40-zigsten Jahrestag der Okkupation von 1968 heute an unangenehme Folgen – Kalten Krieg, der wieder in Georgien, mit den Verträgen zum Raketenschutzschild in Tschechien und Polen, die Reaktion von Russland, die Raketen nach Weisrussland zu verlagern und gegen Polen zu richten. USA stattet Polen mit Patriot-Raketen aus. Die „Normalisierung“ läuft weiter und erfasst global mittlerweile die ganze Welt. Solange Lobbyisten Regieren werden „Lager“ wichtiger als der freier und demokratischer Wille der Bürger.

FAZ 21.8.2008

„…Putin, der den Zerfall der Sowjetunion für die „größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts“ hält, hat mit der militärischen Intervention in Georgien gezeigt, dass der Kreml nicht mehr gewillt ist, die Zügel aus der Hand zu geben. Er lässt es nicht mehr zu, dass sich Länder in einer geopolitischen Zone, die er für die Seine hält, aus freien Stücken für die Bindung an den Westen entscheiden…“

Es hat sich nicht geändert – es gibt keinen Grund von dem Ziel abzukommen, nach dem „Dritten Weg“ zu suchen.

„Wir haben geglaubt, dass wir den Prager Frühling ersticken, doch in Wahrheit haben wir uns selbst erdrosselt.“ (Gorbatschow, 1991)

(Hat er auch nicht gesagt, „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“?)

Juli 1967 – Der Prager Schriftstellerkongress fordert Presse- und Redefreiheit.
Milan Kundera, Pavel Kohout, Vaclav Havel und andere hatten beim Schriftstellerkongress 1967 in Prag harte Kritik am kommunistischen Regime geübt.

31.10.1967 – Eine Studentendemonstration wird niedergeknüppelt.

Januar 1968 – Die Vorfälle spalten die KPC; Im Januar 1968 setzte die kommunistische Partei ihren alten Generalsekretär Antonin Novotny ab und ersetzte ihn durch Alexander Dubcek, der schließlich zur Symbolfigur des Prager Frühlings wurde. Sozialismus mit menschlichen Gesicht. Weder verbrecherischer Kapitalismus noch ein dummer Sozialismus – der „Dritter Weg“.

5.4.1968 – Die KPC sagt Reise-, Rede- und Versammlungsfreiheit sowie Wirtschaftsreformen zu.

27.6.1968 – Prager Intellektuelle fordern im „Manifest der 2000 Worte“ Streiks und Boykotts gegen diskreditierte Funktionäre. Die Bürger wurden zur aktiven Teilnahme am Veränderungsprozess aufgerufen. Das Manifest gipfelte in dem Satz: „Wir können unserer Regierung zeigen, dass wir auf ihrer Seite stehen, notfalls mit Waffen in der Hand.“ Diese Forderung fand Zuspruch nicht nur unter Studenten und Intellektuellen, sondern auch unter Arbeitern und Angestellten. An ihren Arbeitsplätzen forderten die Menschen Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und Demokratisierung.

17.8.1968 – Das Moskauer Politbüro beschließt die Intervention. Das „Manifest der 2000 Worte“ sei, so sagen Historiker, der Tropfen gewesen, der das Fass in Moskau zum Überlaufen brachte.

20.-21.8.1968 – Panzer der UdSSR, Polens, Ungarns und Bulgariens rollen in die Tschechoslowakei ein. Mitglieder der Dubcek-Regierung werden verhaftet. Straßenschilder wurden noch in der Nacht des Einmarschs so ummontiert, so dass viele Truppenteile entweder im Kreis fuhren oder sich auf einmal in Wäldern rund um Prag wiederfanden. Dieser passive Widerstand war am Anfang so erfolgreich, dass die zuerst eingetroffenen Truppen bereits nach zweieinhalb Tagen ausgewechselt wurden. Ihre Chefs hatten Angst, dass sich die Soldaten mit dem Virus des „Prager Frühlings“ anstecken könnten. Radio, Fernsehen und Zeitungen sendeten und druckten noch eine Woche lang gegen die Okkupation, dann hatten die Streitkräfte des Warschauer Paktes die Lage im Griff. Die Führung der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei war in Moskau zum Rücktritt gezwungen worden.

17.4.1969 – Parteichef Dubcek wird abgelöst.

Rund 100 Menschen verlieren im „Prager Frühling“ ihr Leben.

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