Grippensymptome bei Bild

Beim Bezahlen vom Mittagessen traue ich meinen Augen nicht. Bild-Zeitung auf dem Tresen. Nichts ungewöhnliches – ist immer da, so dass man aus dem Augenwinkel wenigstens mitbekommt, wie viel Zentimeter für Überschrift heute dran sind. Und heute waren wir mal ausnahmsweise weder Papst, noch Klinsmann oder eine Bank. Heute haben sie einen Man mit seinem Foto abgebildet, das man sich in dieser Qualität nicht einmal in ein Urlaubsalbum kleben würde.

Aber nein. Wir haben einen Erkrankten an der Schweinegrippe in Regensburg – was Schwein gehabt – und der muss jetzt auf die Titelseite, koste es was es wolle. Super. Andere Sorgen haben die scheinst beim Bild nicht.

Ich habe es nicht gekauft, weil ich nicht weiß, wie es dem Mann in Regensburg geht. Von der Grippe her, meine ich. Von den Medien – hier vertreten durch Bild – wird es ihm genauso schlecht gehen, wie es anderen gegangen ist.

Zuletzt den Winnendern, die eine ganze Meute von Medien aushalten mussten, bis sie sich dem widmen konnten, was passiert ist und was das mit ihnen macht – mit Trauer und hilflosen Bestürzung fertig werden zu dürfen. Interessiert die Medien nicht. Nur Auflage mit „geilen“ Bildern provozieren und Einschlaquoten mit nichts sagenden Talks zu produzieren. Kultur, Ethik, Inhalt, Schutz der persönlichen Sphäre usw., alles uninteressant. Wie bei einem frei laufenden Rechtsanwalt müssen die Waden geschützt werden.

Die Bürger von Winnenden konnten als die Straßen endlich von den Übetragungswägen frei waren, ein nicht gerade schmeichelhaftes Lied über den Zustand der achso aufmerksamen Gesellschaft singen.

Ist es denn nicht möglich, sich ungestört zu verhalten, verhalten zu dürfen? Müssen wir bei jeder Krise das Nachdenken an den Haken hängen und die Zwangsjacke der Hysterie anziehen?

Es ist eine Störung. In dem Fall der heutigen Ausgabe von Bild eine Bild-Störung. Ohne jeglichen informativen Wert – nur eben so zu tun, als ob man bei Bild mal wieder alles wüßte – weil man eben ein, wenn auch miserables Bild drucken kann. (Hoffentlich hat wenigstens die Familie ein paar hunderttausend Euro von Bild dafür bekommen!)

Zu Händewaschen, was in der Grippenzeit das wichtigste ist, hat es nicht animiert oder aufgeklärt. Aber es gibt ja noch andere Körperstellen für Verwendung des ausliegenden Materials. Das spielt die Höhe und Fett der Buchstaben wie auch die Qualität keine Rolle.

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