Wiederaufbau 1

Zweigeschlechtliche treffen sich in einem Lieblingsrestaurant und bestellen ihr Lieblingsessen. Zwischen schillerneden Bewegungen von Messer und Gabel tauschen sie Blicke aus, die würzige Grundhaltung des Küchenschefs vermuten lassen. Gaumen und Zunge werden verführt. Die Dame und der Herr haben gut gewählt. Auch der Wein passt dazu. Auf den Punkt. Gut abgehangen und gepflegtes Fleisch läßt die Scharen von Ratten auf dem Mühldeponien von Kairo vergessen. Frische Bescheinigung der Abwrackprämie wärmt in der Tasche des Markenanzugs aus Vietnam die Erotik des nicht Bezahlten. Der Kamin raucht wieder. Zwischenzeitlich. Die Filetspitzen neigen sich am Teller dem Ende zu und jeder vom anderem Geschlecht überlegt, was er heute abend und nachher will. Das schale Gefühl am Morgen. Nächsten. Übernächsten. Für immer. Ob die Dame und der Herr gut gewählt haben interessiert den Kelner beim Hinlegen der Rechnung am Tisch 7 heute nicht mehr. Es wird noch rechtzeitig frei – aus der Wahl soll eine fortgesetzte werden. Bei dir? Bei mir? Das Taxi vor der Tür fährt noch für die Währung, die wir gestern auch gekannt haben. Wenn sie morgen aufwachen: „Na, hat es dir gefallen?“. Die Gardienen lassen das Klappern der Milchflaschen und der Müllmäner durchscheinen. Ach ja, es gibt ja keine Milchflaschen mehr vor der Haustür, das war Old-Economy. „Blöde Frage, ich habe es überlebt. Wo ist das Bad bei dir?“ Bei dieser Frage sind politische Haltungen unangebracht – es geht immer irgendwo von rechts nach links und zurück umgekehrt oder gerade aus anders herum. Also lieber suchen, haben wir bei der Emanzipation gelernt, sonst begleitet der mich noch wie ein Rettungspaket. Auf dem Weg dahin die bange Frage: „Pinkelt der im Stehen oder im Sitzen?“, leise. Klopapier in Bereitschaft gleich nach Schlüsseldrehung erwieß sich als beste Ressource im Umgang mit dem unbekannten Wesen. Es war alles doch nicht so schlimm, wie es in Magazinen oft gelesen für Wahrheit gehalten werden muss. Frisch gedruckt und trocken noch der Frühstücktest, dann passt es alles in Vorahnungen hinein. Zweigeschlechtliche. Sie werden versuchen ein anderes Liebligsrestaurant zu wählen, wissen was sie wollen, sie werden es laut und deutlich sagen, was sie wollen und bekommen das, was sie wollen. So ist die Wahl. Gut oder schlecht – das entscheidet hoffentlich immer noch die Chemie und nicht die Werbung.

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