Mitte ganz unten

So oder ähnlich könnte die politische Situation in Deutschland beschrieben werden. Alle Parteien bemühen sich um die Mitte. Alleine der Wiederholungszwang der Kanzlerin beim letzten CDU Parteitag ist ein schönes Beispiel für den Scharm, den offensichtlich die vermeintlichen Wähler in der Mitte der Gesellschaft auf die Politiker ausüben. Dabei werden aber auch die Klagen immer lauter, die Armut verbreite sich auch zunehmend in der Mitte. Würde bedeuten, die Mitte frisst sich selber auf.

Deutschland hat als Industrienation offensichtlich den Hang nicht nur zum Dichten und Denken, nicht nur zum Lamentieren und Klagen, sondern vor allem dazu, mit den Problemen nach unten zu gehen. Es grenzt an Masochismus, entweder eine Politik des nichts Tun zu betreiben oder auf der anderen Seite als Bürger dieser Politik zuzuschauen. „Waren Sie schon mal angeln?
Der Köder stirbt immer.“

Energieversorger und Bahn
ärgern Verbraucher am meisten

Energieversorger, Bahn und Busse sowie Mobilfunkanbieter ärgern die Verbraucher in Deutschland am meisten. Die Politik behandele den Verbraucherschutz stiefmütterlich, beklagte der Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Alleine die Beiträge im frontal21 am Dienstag auf ZDF zeigen deutlich, was ich im letzten Artikel von gestern Nacht meinte: „…Vorbeireden hat sich überhaupt zu einer modernen Art von Problemdiskussion etabliert…“

Und was macht das Ölgeld? In keiner Region der Welt wird beispielsweise soviel gebaut wie im Nahen Osten. Ferien- und Geschäftsreisende aus aller Welt sollen angelockt werden und für Einkommensquellen nach dem Öl sorgen. In Dubai gibt es bereits über 400 Hotels. Bis 2016 sollen es mehr als doppelt so viel sein. Dubai will einen der größten Transithäfen der Welt bauen, heute rangiert die Metropole am Persischen Golf unter den ersten Zehn.

Vor allem sind aber regelmäßige Stromausfälle zu erwarten, undichte Wasserleitungen oder verstopfte Straßen – alles Hindernisse, die das Wirtschaftsleben stark behindern, kein Land kann es sich heute noch leisten, seine Investitionen in die Infrastruktur zu vernachlässigen. Die Weltbank schätzt, dass jährlich rund 270 Mrd. US-Dollar in Infrastrukturinvestitionen fließen, rund 850 Mrd. US-Dollar sind nötig, um nur die bereits bestehenden Anlagen zu erhalten. Aufgrund der stark wachsenden Wirtschaft gerade in den Schwellenländern ist es wahrscheinlich, dass der tatsächliche Bedarf noch höher liegen wird als von der Weltbank prognostiziert. Staaten wie China, Thailand, Indien, Brasilien und Argentinien können ihr Wachstumstempo nur beibehalten, wenn die Infrastruktur mithält. Rund 4. Bio. US-Dollar schätzt die Weltbank den Bedarf für die kommenden 5 Jahre.

Das Aufkommen an Lastwagen wird sich auf unseren Autobahnen verdoppeln. Das schreit geradezu nach Alternativen. Nach umweltfreundlichen dazu. Unsere Politiker wissen aber nichts besseres, als in einer Art Wahnstimmung die napoleonartigen Bestrebungen des Bahnchefs auf die Börse gehen zu wollen, weiter zu unterstützen. Dafür wird die Infrastruktur der Bahn geopfert, vorrangig das Schienennetz dermaßen abgebaut, so dass es dann, wenn es für einen erhöhten Gütertransport gebraucht wird, nicht vorhanden ist. Einfach weg. Auf Kosten der Bürger wird lieber Kollaps des Verkehrs riskiert, als zu einer längst überholten und aussichtslosen Idee des Börsengangs Nein zu sagen. Würden Sie sich freiwillig Ihre Adern verstopfen lassen? Ich glaube nicht. Aber so machen wir es gerade mit dem Verkehr: Wir bauen Bewährtes ab, anstatt zu renovieren und zu modernisieren bereiten wir planmäßig eine Verstopfung der ganzen Republik vor.

Vor dem Kollaps
von Jan Bergrath und Hans Koberstein
Auf deutschen Autobahnen rollen immer mehr Lkw – und ein Ende ist nicht abzusehen, so Prognosen. Dabei kommt es zu schweren Unfällen, weil viele Fahrer dem gestiegenen Termindruck in der Branche nicht Stand halten können.

Wir sprechen von Gesundheit, davon dass wir gesunde Kinder, gesunde Bevölkerung brauchen. Die demographische Entwicklung wird uns lehren, dass wir um jeden sorge haben werden, der durch Krankheit arbeitsunfähig sein wird. Es zeichnet sich bereits heute deutlich ab, dass Gesundheit ein wesentlicher Produktionsfaktor ist – Bildung, Qualifikation, berufliche Fertigkeiten und Gesundheit werden in sehr nahen Zukunft als Produktionsfaktoren wichtiger sein als der Standort oder Lohngefüge. Bislang wird es in den verschiedenen Diskussionen nicht berücksichtigt. Stattdessen werden die Kosten im Gesundheitswesen zu Unkosten umdefiniert und Gesundheit damit zum exotischen Gut deklariert. Wenn diese Übung gelungen ist, wird jeder verstehen, meint in aller ersten Reihe unsere Gesundheitsministerin, dass nur vernünftig ist, diesen exotischen Luxus „Gesundheit“ zu beschränken und die Medikamente für chronische Patienten schon mal gleich zu behandeln, wie für Patienten, die hier und da an einer akuten Erkrankung leiden. Unter der Angst vor Arbeitslosigkeit vermindern sich jährlich die Krankheitstage. D. h., viele Menschen gehen lieber krank zu Arbeit, als im Krankenstand aufzufallen.

Würden Sie sich Beine amputieren lassen, wenn Sie nicht mehr laufen können?

Ich glaube nicht. Aber genau das läuft mit den seit Seehofer als Gesundheitsminister in Wellen der Gesundheitsreformen auf uns zu. Keine hat einen Fortschritt, geschweige den Entlastung der Kostenbelastung mit sich gebracht. Der zentrale Gedanke der Reformen wie Leistungsbündelung zu Pauschalen (DRG), Rationierung von medizinischen Personal und vor allem die Deckelung als Budgetierung sind die Sägen, mit denen an der Gesundheitsindustrie amputiert wird. Es ist nicht die Frage, ob wir zu viele alte Menschen haben werden, sondern wie gesund wir alle miteinander sein dürfen. Diät gefällig…?

Hilflose Patienten
von Wolfgang Kramer und Dana Nowak
Immer mehr Patienten werden aufgrund der so genannten Richtgrößen für Arzneimittel-Verordnungen nicht mehr optimal versorgt. Das bestätigt Ralf Rötten von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland gegenüber Frontal21.

Ausgerechnet im überregulierten Deutschland ist es möglich, dass Unternehmen mit korrupten Methoden ihre Kunden ausnehmen. Mühsam müssen sich die Kunden gegen Praktiken wehren, die es nach der bestehenden Gesetzeslage nicht geben dürfte. Deutschland ist so überreguliert, dass für ein Unternehmen mit 2 Milliarden Euro Jahresumsatz wie Arcor lohnt darauf zu hoffen: nur eine Minderheit von Kunden wird den rechtlichen Weg zu gehen wissen und bei denen gibt man rechtzeitig nach, die unwissende oder mutlose Mehrheit nimmt man während dessen lustig weiter aus wie eine Weihnachtsgans. Soviel zu rechtsstaatlichen Kultur in Deutschland. Juristen zu heiraten ist da sicher ein lukrative Lebensplanung. Denn diese Abzocke-Kultur wird im Wirtschaftsleben zu einem Schlager.

Genervte Kunden
von Andreas Baum
Das Telekommunikationsunternehmen Arcor wird derzeit von Verbraucherschützern wegen seiner Geschäftspraktiken kritisiert. Der kürzlich von Vodafone übernommene Konzern verärgert Kunden mit Streit um Flatrates und Vertragskündigungen.

Immer noch meinen manche, dass wir uns nicht anstrengen müssen, dass Arbeit und Verdienst eine Bringschuld des Schicksals ist. Wenn die Arbeit nicht zu uns angelaufen kommt, dann müssen wir erst jammern und leiden. Sicher haben sich etliche Großbetriebe auf Kosten der Steuerzahler durch Alterssteilzeiten und über Arbeitsamt gesund saniert. Die Diskussion läuft gerade wieder. Aber wenn es Menschen gibt, die etwas unternehmen, damit etwas entsteht, eben auch Arbeitsplätze, dann dürfen es aber keine Polen sein. Die Polen zwingen geradezu mit ihrer Flexibilität, Erfindungsreichtum, mit Mut zum Risiko und Fleiß, dass alte Ideen aus der schwarzen deutschen Vergangenheit wieder in den Köpfen reif werden. Es ist über sechzig Jahre her, dass die Grauen des 2. Weltkrieg endlich beendet werden konnten. Und heute spricht man in einem deutschen Dorf an der polnischen Grenze so, als ob es keine Toten von damals zu beklagen gäbe. Bequemlichkeit und Revierverhalten bestimmen immer noch unser Denken.

Polen übernehmen das Ruder
von Kersten Schüßler
Im deutschen Vorpommern investieren immer mehr Polen und schaffen neue Arbeitsplätze. Eigentlich eine positive Entwicklung, aber einige Deutsche können damit schlecht umgehen. Sie sind häufig lange arbeitslos, haben kaum Perspektiven.

Und dann. Stellvertretend für alle Parteien kann sich die SPD nicht für eine Richtung entscheiden. Nur, weil sie die Stimmung und Verhalten der Wähler bei der Bundestagswahl 2009 nicht einschätzen kann, eiert sie mit ihren Meinungen, Absichten und Zielen von einer Wand zu anderen. Unverantwortlich lässt sie dabei eine Flanke für Die Linke offen, so dass wir befürchten müssen, die Zustände der ehemals sozialistischen Republiken in Europa könnten sich im Bundesgebiet breit machen. Nur aus Frust über hilfloses agieren der Volksparteien. Bleibt nur zu hoffen, dass der alte gute Liberale aus der FDP mit den angebissenen Konzepten in München was kluges anzufangen weiß. Damit könnten die Volksparteien aus ihrem Dornröschenschlaf aufgeweckt werden und wieder zu Politik der nachhaltigen Problemlösung zurückehren. Auf der Agenda stehen Steuerreform mit Steuersenkung und Vereinfachung, Rentenreform mit Beteiligung aller, Gesundheitsreform als Wachstumsmotor des nächsten Wachstumszyklus, psychosoziale Gesundheit als Basisinnovation des nächsten Wachstumszyklus, Bildungsoffensive zur Sicherung und Weiterentwicklung von Fertigkeiten einer Industrienation, bedingungsloses Grundeinkommen als Grundsicherung aller im Zeitalter der Weltarbeitsteilung und Edukation von sozialen Kompetenzen. Reichlich Programm, wenn es nicht wieder von Lobbyisten und ewig gestrigen Moralisten geschrieben wird. Das hatten wir bis jetzt zu Genüge ausgekostet.

„SPD wirkt zwiespältig und handlungsunfähig“
von Anke Becker-Wenzel, Jörg Brase und Joe Sperling
Der Parteienforscher Franz Walter hat von der SPD eine Richtungsentscheidung gefordert – entweder für das alte Selbstverständnis als Volkspartei oder für die im Reformprozess gewachsene Rolle als Partei der „neuen Mitte“.

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