Weblogs und Meinungsfreiheit

Weblogs sind eine neue und interessante Form des Meinungsjournalismus. Beim Weblog schreibt jeder locker, was ihn gerade mental ärgert oder bewegt. Oft wie am Stammtisch.

Vorteil: Bisweilen ergibt sich durch die Blogs eine für die Allgemeinheit völlig neue Sicht der Dinge, die uns leider die arrivierten Kommentatoren in den klassischen Medien oft (bewusst oder unbewusst) vorenthalten.

Nachteil: Meist bleiben die Webloger und ihre Co-Kommentaroren anonym. Niemand übernimmt mithin Verantwortung für die veröffentlichte Meinung.

Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 4.12.2007, Az. 324 O 794/07), hat den Weblog nunmehr zumindest teilweise an die Kette gelegt. Das Landgericht bestätigte eine einstweilige Verfügung, die eine Produktionsfirma von im Fernsehen ausgestrahlten Abrufgewinnspielen gegen einen Weblog erwirkt hatte. Eine unbekannte Person hatte in dem Weblog die Produktion des Unternehmens mit dem Dritten Reich in Verbindung gebracht. Mit der einstweiligen Verfügung waren dem Blogbetreiber untersagt worden, die im Kommentar gerügte Äußerung weiter zu verbreiten. Die Richter kamen zum Schluss, dass die einstweilige Verfügung nicht zu beanstanden sei.

Die Begründung des Urteils könnte weitreichende Konsequenzen für die Blog-Szene haben. Nach Ansicht des Gerichts haftet nämlich derjenige für den Inhalt, der auf einer Internetseite Speicherplatz für Kommentare zur Verfügung stellt; und zwar dann, wenn er die ihm obliegenden Prüfpflichten verletzt. Ob etwaige Prüfpflichten vorliegen, hängt nach Ansicht des Gerichts vom Einzelfall ab. Je mehr damit zu rechnen sei, dass es durch Kommentare zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Dritte kommen könne, desto größer müsse der Aufwand der Betreiber eines Blogs sein, damit diese Rechtsverletzungen unterblieben. Insbesondere wenn eine Diskussion sich grenzwertig entwickeln würde, müssten Kommentare fortlaufend überprüft werden, meinen die Hamburger Richter. Hier könnte ein geeigneter Moderator eingeschaltet werden oder die Beiträge erst nach einer „Vorabkontrolle“ freigeschaltet werden.

Fazit: Auch im Internet ist offenbar nicht mehr alles möglich, was machbar ist. Gut oder schlecht? Ich bin in der Beantwortung dieser Frage ein wenig unsicher. Unbedingt sollte man diesem neuen interaktiven Medium genügend Luft zum Atmen lassen, damit es sich entwickeln kann. Niemand kennt nämlich bereits die Grenzen des Internets.

Andererseits: Das Urteil der Hamburger Richter ist irgendwie auch weise: Es schützt die Interessen der möglicherweise zu Unrecht im Webblog angegriffenen Betroffenen, knickt aber den jungen Zweig „Internet“ im Meinungsjournalismus in seiner Entwicklung nicht gleich rigoros ab. (nach vnr)

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