Lobbyisten – Maulwürfe in Ministerien

Wir machen uns offensichtlich gar keine Vorstellungen darüber, wie weit die Korruption in Deutschland bereits fortgeschritten ist. Monate lang sind wir bereits damit beschäftigt zu verstehen, wie es denn möglich ist, dass bisher für höchst korrekt gehaltene Bankwesen dermaßen an Vertrauen durch eigene Fahrlässigkeit verlieren kann.

Dann die Korruptionen in den höchsten Etagen von namhaften deutschen Konzernen. Fleischskandal…die Liste will nicht so einfach enden.

Und nun müssen wir feststellen, dass nicht einmal die Bundesregierung und Bundesministerien in der Lage sind, einfachste demokratische und Verwaltungsregeln einzuhalten. Lassen tatsächlich Lobbyisten, Interessentenvertreter in Ministerien an wichtigen Vorlagen, Gesetzentwürfen schreiben und sogar in Brüssel bei EU Verhandlungen und Entscheidungen vertreten. Unglaubliche Schlamperei und Dünkel aus Wirtschaftsinteressen und gewählten Volksvertretern.

Bislang sind wir davon ausgegangen, dass Gesetzesinitiativen und -vorhaben den Vertretern der Verbände in Hearings vorgestellt und dort mit ihnen diskutiert werden. Die in den Hearings gewonnen Erkenntnisse finden nach Überprüfung und Auswertung dann Eingang in die Gesetzesvorlagen. Allenfalls sind gemeinsame Arbeitsgruppen aus den Vertretern der Verbände und den Ministerien denkbar, um spezielle Problembereiche durchzuarbeiten. Diese finden aber außerhalb der Büros der Ministerien Verwaltung im Konferenzsaal. Ich möchte mal den Konzern in der Wirtschaft sehen, der sich einen von der Regierung bezahlten Maulwurf in die Konzenzentrale reinsetzt. Undenkbar.

Aber unsere gewählten Vertreter finden nichts dabei, 300 Maulwürfe aus der und von der Wirtschaft bezahlt jahrelang in den Ministerien als Sachbearbeiter von wichtigen Unterlagen arbeiten zu lassen.

„…Ein vertraulicher Bericht des Bundesrechnungshofes, über den das ARD-Magazin „Monitor“ berichtete, hatte bestätigt, dass von 2004 bis 2006 rund 300 so genannte externe Mitarbeiter in den Ministerien tätig gewesen waren und dabei weiter ihr Gehalt bezogen. Sie hätten dabei in großem Umfang Leitungs- und Repräsentationsaufgaben übernommen. 20 Prozent hätten direkt an Vorlagen für Gesetze oder Bestimmungen mitgeschrieben…“


„Lobbyisten raus aus Regierung“
Industrie-Lobbyisten in den Ministerien – weit mehr als 100 Mitarbeiter sollen von Unternehmen bezahlt werden. Diese Praxis müsse ein Ende haben, fordern Aktivisten von „LobbyControl“ vor dem Reichstag in Berlin. Auch SPD und FDP wollen Änderungen.

„…“Da muss sich etwas ändern“, verlangte auch der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP). Er regte an, dass bei Referentenentwürfen zwingend mitgeteilt werden müsse, wenn sich Externe beteiligt haben. Insgesamt warnte Fricke jedoch vor „Skandalisierung“. Austausch zwischen Behörden und Wirtschaft sei gewünscht…“

Und es wird auch gleich wieder beschwichtigt. Dabei handelt es sich um eine eindeutige Betriebsspionage, die sich die Ministerien auch noch selbst ins Haus holen. Also mindestens eine vorsätzliche Fahrlässigkeit. Willy Brandt musste gehen, „…Die Guillaume-Affäre war der politisch bedeutsamste Spionagefall der deutsch-deutschen Geschichte. Am 25. April 1974 wurde mit Günter Guillaume einer der engsten Mitarbeiter des Bundeskanzlers Willy Brandt als DDR-Spion enttarnt. Brandt übernahm die politische Verantwortung und trat am 7. Mai 1974 von seinem Amt als Kanzler zurück. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Guillaume-Affäre nicht der alleinige Grund für den Rücktritt war, zumal die von Guillaume in die DDR übermittelten Informationen offenbar nicht allzu sicherheitsrelevant waren.[1] Mit Günter Guillaume wurde auch seine mit ihm nachrichtendienstlich zusammenarbeitende Ehefrau Christel Guillaume als Spionin enttarnt…“

Bei den nun aufgedeckten Fällen von Arbeit der Lobbyisten als Sachbearbeiter in Bundesministerien handelt es sich um das Gleiche: es ist eine Spionage und aus der Sicht einer korrekten Durchführung von legislativen und exekutiven Aufgaben eine von der Bundesregierung selbst eingekaufte Sabotage einer transparenten Politik. Dafür muss die Koalition, die Kanzlerin Frau Merkel die Verantwortung übernehmen. In den Zeiten von lebendiger Demokratie hätte so einer Vorfall zumindest eine Vertrauensfrage im Bundestag zu Folge, wenn schon der persönlicher Mut dazu fehlen sollte, nach einem solchen Machtmissbrauch auch demokratisch zu gehen. Es „Hubert“ wohl in Deutschland!

Und dann wundere sich noch Einer scheinheilig über die Politikverdrossenheit in Deutschland. Die Politiker demontieren das engagierte politische Leben selbst – täglich.

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Bundesrechnungshof mahnt mehr Transparenz an

Lobbyisten in den Ministerien
Erfahrungsaustausch oder Einflussnahme?

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Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen, beantwortet Fragen zum Thema

Mehdorns Lobbyisten-Netzwerk
Ex-Politiker im Dienst der Bahn

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