CDU, CSU und FDP – auf Kollisionskurs gegen das Grundgesetz

Es ist gerade eine Woche her, als am 29.6.2012 die schwarz-gelbe Koalition nach Raubrittermanier den ESM  und den Fiskalpakt mit Hilfe der SPD und der Grünen durch den Bundestag gepeitscht haben; mit denen der Steuerzahler auf unabsehbare Zeit wie die Weihnachtsgans ausgenommen werden soll. Voll auf die Wünsche der Bankenwelt eingegangen meint die Bundesregierung, sie würde damit den deutschen Bürger vor Schlimmeren bewahren. Der Bundesrat stimmte am in der gleichen Nacht auch noch zu. Die Eile, der ausgeübte Druck auf Abgeordnete – man fühlt sich an Ermächtigungsgesetze erinnert.

Welle©Dr.M.E.Waelsch
Welle©Dr.M.E.Waelsch

Einigen Abgeordneten ist es sichtlich schwer gefallen. Der Aufschrei in der Politik, in den Parteien, bei der Linken und sogar in der ökonomischen Fachwelt ist unmittelbar den Beschlüssen gefolgt. Die Klagen in Karlsruhe beim Bundesverfassungsgericht sind eingereicht. Der Bundespräsident hält sich mit der Unterschrift unter diese quasi Ermächtigungsgesetze klugerweise zurück und fordert von der Bundeskanzlerin eine detaillierte Aufklärung der Bürger über beide Gesetze. Herr Gauck muss sich an die unheilvolle Eigenmächtigkeit der ehemaligen DDR-Führung erinnert fühlen.

Und nun wird der Bürger weiter filetiert, seine persönlichen Daten sollen von den Bürgerämtern auf dem Adressenmarkt feilgeboten werden. Anstatt einen Verbot der Datenweitergabe zu verbessern, wird es gelockert. Seitdem der Bund für das Meldegesetz zuständig ist, scheint sich CDU, CSU und die FDP nicht mehr der Verführung einer Art angepasster chinesischer Machtpolitik erwehren zu können.

Es ist in letzten Monaten zunehmend deutlich geworden, dass den Politikern der Regierung, vor allem den in der EU wichtigen Politikern und Noten-Bankern die Parlamente ein Dorn im Auge geworden sind. Seit paar Jahren beobachte ich mit Sorge, wie Spitzenpolitiker immer mehr von der vermeintlichen Effizienz der chinesischen Regierung fasziniert sind. Etwas, was früher undenkbar wäre, ist nun salonfähig geworden. Das kommunistische Regime im Peking ist als Staatskapitalist erfolgreich und es stört nachhaltig kaum jemand, dass dort Menschenrechte und Selbstbestimmung, Freiheit und Gerechtigkeit, ein Rechtsstaat keine Rolle spielen.

Nur das Wachstum dort zählt und hilft mit den Hungerlöhnen die Gewinnmargen der westlichen Auftraggeber zu erhöhen. Die Klagen über mangelnden Arbeitsschutz und Gefährdungen der Beschäftigten häufen sich. Frühkapitalistische Methoden werden gerne von Auftraggebern dort in Kauf genommen, weil sie es in den rechtsstaatlichen Heimatländern mit Recht nicht mehr bekommen können.

Die Maßnahmen zu Bewältigung der Finanzkrise ähneln immer mehr in letzter Konsequenz eben diesem jenen frühkapitalistischen Staatskapitalismus. Die Akteure in der Finanzkrise bemühen sich spätestens seit 2007/8 öffentlich den Eindruck zu erwecken, wir befänden uns am Rande einer großen Katastrophe, die es zu verhindern gilt. Sonst würde es den Bürgern noch schlechter gehen.

Dahinter steckt wohl der Plan der Finanzwelt, die bisherige Liberalisierung des Finanzmarktes durch Vernetzung der Verluste zu einem Finanz-System ohne Transparenz und Kontrolle zu installieren. Die demokratischen Erfordernisse sind den entscheidenden Finanzmarktteilnehmern ein Hindernis. Mit einem gigantischen Einsatz von Finanzprodukten für Spekulation (Massenvernichtungswaffen des Finanzmarktes) wird die Destabilisierung und Krise über das Vehikel der Staatsanleihen durch die EU-Länder getrieben. Die Rating-Agenturen schießen im Vorfeld mit ihren Abstufungen die Länder nacheinander für Spekulanten sturmreif.

Die Vernetzung ist dann mit der Errichtung vom ESM als permanente Schnittstelle zu den Steuergeldern perfekt. Sobald Banken anfangen, sich aus dem ESM direkt ohne staatliche Kontrolle zu bedienen, müssen Finanzminister und Notenbanker in Union dafür sorgen, dass aus dem Steuergeld genug Mittel nachfließen. Dazu soll der Fiskalpakt den Weg ebnen, durch Sparmaßnahmen unter dem Deckmantel der Kontrolle von Staatsausgaben dafür zu sorgen, dass genug Steuergelder zur Verfügung stehen.

Und damit der Bürger weiter verunsichert nicht auf die Idee kommt, Fragen stellen zu wollen, wird der Datenschutz durchlöchert, die informationelle Selbstbestimmung zur Verfügung gestellt und die Wirtschaft nach Bedarf mit Adressen aus dem Melderegister beliefert. Die Meldeämter bekommen dafür auch Geld, womit die Gemüter bei Sparmaßnahmen der Kommunen und Länder besänftigt werden sollen.

Den Preis für diese technokratische Entwicklung von Europa wollen wir aber nicht zahlen. Sichtbar an den verschiedenen Protesten. Wissenschaftler der Ökonomie schreiben einen öffentlichen Brief und warnen von schlimmen Auswirkungen der Beschlüsse zu ESM und Fiskalpakt. Gerade noch kritisiert von der Bundesregierung und Finanzministerium werden sie quasi im Nebensatz von dem Sachverständigenrat der Bundesregierung im „Sondergutachten gemäß § 6 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ bestätigt. Gegen das veränderte Meldegesetz und dadurch erfolgte Freigabe der Adressen läuft der Städtetag und Verbraucherministerin Eigner Sturm.

Niemand ist ernsthaft mit den Beschlüssen zu ESM, Fiskalpakt und Adressenverkauf durch die Meldeämter einverstanden. Die meisten bekommen eine Gänsehaut, wenn sie erleben, wie das Grundgesetz von der Bundesregierung immer mehr eingeengt werde.

Wir gewinnen keine Zeit, um diese Finanzkrise zu bewältigen, wenn wir uns von der Finanzindustrie zu einem Gipfel-Hopping drängen und in nächtlichen Marathonsitzungen Gipfel-Beschlüsse fassen lassen, die das undurchsichtige Geflecht von Bankenbeziehungen und Geldströmen zementieren und weiter unüberschaubar ausbauen. Wir können nur Zeit zu nachhaltigen Lösungen gewinnen, wenn wir uns strikt an das Grundgesetz halten und nicht durch die Manege der Finanzmärkte treiben lassen.

Sobald die Finanzprodukte ohne inneren realen wirtschaftlichen Wert wie Derivate und ähnliches Spielgeld komplett verboten werden, sind wir die wesentlichen Blasen-Treibmittel los – über 650 Billionen USD weltweit. Mit einem weltweiten Verbot lässt sich diese Blase der derivativen Finanzprodukte kontrolliert beseitigen, die Wett-Spieler verlieren ihre wettgewinne oder sogar ihren Wetteinsatz und der Steuerzahler muss für Spielschulden nicht geradestehen.

Die neuesten Entdeckungen über Zinsmanipulationen in London werden manchen Politiker das Blut in den Adern frieren lassen. Den dabei wird auch deutlich, dass diese Manipulationen von den Banken unter Supervision der Notenbank verbredet werden könnten. Weitere Untersuchungen und Recherchen werden noch schlimmere Verhaltensweisen ans Tageslicht fördern und die Tragweite der Korruption deutlich machen. Wenn es schon dem Finanzminister, Herrn Schäuble beginnt Sorgen zu machen, dann ist schon vieles außerhalb der sog. Roten Linien geraten. Nicht umsonst verkündet Herr Schäuble, dass die Auszahlungen an die z. B. spanische Banken nicht früher ermöglicht werden können, bevor nicht die Aufsicht über die Banken im ESM installiert ist. Immerhin. Ein klares Wort, mit dem die minimalste Anforderung an Kontrolle bei Geldvergabe definiert wird. Auch dem Finanzminister ist es mittlerweile bei dem „chinesischen Modell“ der Eigenmächtigkeiten nicht mehr wohl. Die Verlagerung der Machtpolitik in den Finanzmarkt findet gerade im großen Stil statt. Hier helfen wirklich nur Bürgerentscheide. Bezogen auf die jüngsten Beschlüsse im Bundestag ist es fraglich, ob die schwarz- gelbe Koalition überhaupt ohne Neuwahlen bestehen darf. Die SPD hat ihre Chancen verspielt.

Demokratie im Würgegriff der Finanzmärkte
Übermächtige Kreditgeber halten überschuldete Staaten im Würgegriff: Im heute.de-Interview spricht Verfassungsrechtler Paul Kirchhof über die Gefahren, die von einem „maßlos gewordenen Finanzmarkt“ für die Demokratie ausgehen. )

Das Bundesverfassungsgericht steht vor einer schweren Aufgabe: Es muss entscheiden, ob der Euro-Rettungsschirm und der Fiskalpakt mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Und dafür wollen sich die Richter offenbar mehr Zeit nehmen – damit ihr Beschluss auch international verstanden wird. )

Ifo-Chef Sinn knöpft sich Merkel vor (http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/oekonomen-vs-politik-ifo-chef-sinn-knoepft-sich-merkel-vor/6858648.html)

Ökonomen-Aufruf Die Risiken der Rettungspolitik
Ein Aufruf aus der Ökonomenzunft hat ein gewaltiges öffentliches Echo augelöst. Die Kanzlerin bestritt, dass auf dem EU-Gipfel irgendeine zusätzliche gemeinschaftliche Haftung vereinbart worden sei. Jetzt antworten die Ökonomen auf ihre Kritiker. (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/oekonomen-aufruf-die-risiken-der-rettungspolitik-11814959.html)

Protestaufruf Der offene Brief der Ökonomen im Wortlaut
172 Wirtschaftsprofessoren wenden sich mit einem Protestaufruf an Bürger und Politik. Die Beschlüsse des jüngsten Eurogipfels erfüllten sie mit großer Sorge, schreiben die Wissenschaftler. Die Erklärung im Wortlaut. (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/protestaufruf-der-offene-brief-der-oekonomen-im-wortlaut-11810652.html)


„Wir sehen die Bankenunion mit großer Sorge“

„Liebe Mitbürger“, so beginnt ein offener Brief von 172 Ökonomen, mit dem sie die Bevölkerung und die Politik aufrufen wollen, die jüngsten Beschlüsse des Eurogipfels nicht länger mitzutragen. Angela Merkel sei zu Entscheidungen gezwungen worden, die am Ende nicht zu einer Rettung des Euro führten. (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/protestaufruf-der-wirtschaftsprofessoren-wir-sehen-die-bankenunion-mit-grosser-sorge-11810620.html)

Breite Mehrheit im Bundestag für ESM und Fiskalpakt

Verfassungsgericht prüft ESM und Fiskalpakt Karlsruhe weckt Zweifel an schneller Entscheidung

Griechen bringen ihr Geld wieder zurück
Viele Milliarden Euro holten griechische Sparer sich vor der Parlamentswahl in Athen von ihren Konten. Nun bringen viele ihr Guthaben wieder zurück. Zentralbank-Chef Provopoulos ist mit dem Tempo zufrieden. (http://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge-versicherung/nachrichten/leergeraeumte-bankkonten-griechen-bringen-ihr-geld-wieder-zurueck/6861606.html)

Schäuble warnt vor „erheblichen Verwerfungen“
Das Bundesverfassungsgericht berät aktuell über die Eilanträge gegen den Euro-Rettungsschirm und den Fiskalpakt. Finanzminister Wolfgang Schäuble warnt: Ein Stopp der Gesetze wäre extrem gefährlich. (http://www.welt.de/politik/deutschland/article108245874/Schaeuble-warnt-vor-erheblichen-Verwerfungen.html)

Was sie bekommen, reicht den Märkten nie
Die Euro-Retter kämpfen gegen hohe Zinsen für die Krisenländer – und fordern die Märkte auf tragische Weise damit nur dazu heraus, noch mehr zu verlangen. Die Lage verspricht einen unruhigen Sommer. (http://www.welt.de/debatte/kommentare/article108251033/Was-sie-bekommen-reicht-den-Maerkten-nie.html)

In Versicherungen und Banken blüht die Korruption
Welche Unternehmen sind die korruptesten? Transparency International hat es untersucht: Banken und Versicherungen schneiden besonders schlecht ab, das beste deutsche Unternehmen ist BASF. (http://www.welt.de/wirtschaft/article108249503/In-Versicherungen-und-Banken-blueht-die-Korruption.html)


Nein zu Militär-Einsatz in Syrien bekräftigt

Chinas Staatschef Hu empfängt Russlands Präsidenten Putin – vertiefte Beziehungen angestrebt (http://www.nzz.ch/aktuell/international/putin-china-1.17184130)

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