Überwachungsstaat oder Bürgergesellschaft

Und der Briefträger und Bankangestellte wird übrigens schnell merken, dass er daraus Profit schlagen kann. Das wären dann die neuen stasierprobten BND-Informanten?

Tolle Aufstiegsperspektiven! Willkommen im Überwachungsstaat!

Nein, so können wir mit uns nicht umgehen. Sicher ist es unrecht, wenn sich jemand an Gesetz vorbei versucht zu bereichern. Egal, um welche Summen es sich handelt. Die Gier kennt keine Beträge. Nur mehr. Nein, wir müssen anfangen, und zwar gleich, uns Sorgen um das verwahrloste emotionale Leben und Erleben der Mitbürger zu machen. Wir müssen uns die Auswirkungen anschauen. Bei Jungen, Alten, Managern, Arbeitern, Hausfrauen, Harz IV-Empfängern – bei allen ohne Ausnahme. Dann werden wir feststellen, dass wir uns in ein System verstrickt haben, aus dem scheinbar kein Entrinnen ist und das allen mehr Finanzkraft abzieht, als sie überschauen, sinnvoll und gerechtfertigt finden. Steuerzahler, die Sinn in einem System finden, werden wieder Mitglieder des Gemeinwesens sein. Also müssen wir dem Steuersystem wieder Sinn geben und wie schon lange überfällig – vereinfachen. Dann brauchen wir keine Überwachung, weil mehr Transparenz und Einfachheit Hakenschlagen beim Bezahlen verhindert.

Und wir brauchen eine existentiell abgesicherte Bürgergesellschaft. Das Feuerwerk an ständig zu überprüfenden Teilsubventionen muss zu einem bedingungslosem Grundeinkommen zusammengefasst werden. Dann brauchen wir keine Überwachung von den Beziehern. Das sind schon mal viele. Es wäre dann durch das Bürgerecht an bedingungsloses Einkommen ein für alle mal die Frage ad acta gestellt, ob jemand berechtigt ist oder nicht. Es wären alle Staatsbürger berechtigt. Und berechtigte müssen nicht fliehen. Auch nicht, wenn sie gerade mal auf der Sonnenseite des Lebens stehen und über genug Einkommen verfügen. Sie würden in einem Staat leben, der für alle seine Bürger da sein würde – keiner müsste fliehen. Keiner müsste Geld wegbringen. Es wäre für alle. Es wäre für alle und es wäre einfacher – eine Neue Solidarität für Neue Zukunft. Das Zeitfenster ist immer noch für grundsätzliche Veränderungen offen. Wer fürchtet sich vor sich selbst?

Der eigentliche Grund, warum der BND einem Hehler, der dem Geheimdienst gestohlene Daten aus einer Bank angeboten hatte, circa 5 Millionen Euro (mit unseren Steuergeldern) gezahlt hat, dürfte nicht zuletzt die massenhafte Flucht „des kleinen Mannes“ mit seinem Geld ins Ausland sein. Es ist kein Geheimnis, dass nicht nur „die bösen Manager“ und die „bösen Reichen“, sondern gerade viele „Kleinsparer“ zuletzt massenweise Geld in Richtung Schweiz und Liechtenstein schaufelten.

Dies bestätigte gestern sogar in der ARD Deutschlands berühmtester Steuerfahnder, Der Gast auf dem Sofa Dieter Ondracek, Vorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft. Er hat selbst sechs Jahre lang als Steuerfahnder gearbeitet und meint, Steuerhinterziehung werde inzwischen als Volkssport betrachtet.

Trotz des Erfolges wird es als sehr fraglich gesehen, wie das Vorgehen der Fahnder rechtspolitisch zu bewerten ist. Wenn hohe Summen an Steuergeldern für illegal beschaffte Informationen auf den Tisch gelegt werden, dann befinde man sich zumindest laut der FTD von heute juristisch auf einer „Rasierklinge“. Das beabsichtigte Signal des Finanzministeriums ist aber klar: Wenn wir sogar den großen DAX-Vorstand Zumwinkel bekommen, bekommen wir jeden!

In den Massenmedien werden bis jetzt nur die „bösen Reichen“ an den Pranger gestellt. Diese öffentliche Kampagne ist jedoch auch sehr gefährlich. Wenn die so genannten „bösen Reichen“, die aufgrund ihrer finanziellen Unabhängigkeit sehr leicht die Konsequenzen aus dem neuen „Polizeistaat“ ziehen könnten, Deutschland auch noch den Rücken kehren – dann sieht die Nacht nicht heller aus. Schließlich zahlen knapp 5% der Steuerzahler über 50% der Steuern, die diesen Staat am Laufen halten. Sie sind aber auch flexibel und können das Land im Ernstfall verlassen (siehe Michael und Ralf Schuhmacher, Franz Beckenbauer & Co.).

Anders als diejenigen 15% die wiederum 50% der Steuern empfangen und diesen Sozialstaat daher sehr schätzen.

Die Welle, die man jetzt ausgelöst hat, könnte sehr schnell in einem Tsunami enden. Allerdings dürfte der Tsunami noch mehr Geld aus Deutschland schwemmen, als jetzt in dieser Welle an mutmaßlich entzogenen Steuern zurückkommt.

Dabei ist auch zu beobachten, wie die Milliarden an verzockten Geldern mit Milliarden aus Steuergeldern diversen Banken ersetzt werden. Wir haben es also mit Steuerhinterziehung von ca. 4 Milliarden Euro und verzockten Geldern der Banken (Verluste) in Höhe von über 12 Milliarden Euro zu tun, mit Korruption und zumindest mit grob fahrlässigen Umgang mit anvertrauten Geld der Anleger.

Es könnte auch die Frage anstehen, wieso gerade Herr Zumwinkel im Beisein von Fernsehkameras abgeführt werden kann, wo solche Aktionen der Steuerfahndung an sich sehr geheim gehalten werden müssten. Es könnte dabei der Verdacht entstehen, dass die Verhaftung eines Managers eines großen DAX-Unternehmens geeignet ist, von den Folgen der Bankenkrise abzulenken. Offensichtlich sind die für die Sanierung der betroffenen Banken erforderlichen Gelder so gigantisch, dass ein Tatortkrimi „Fang der Steuerhinterzieher“ gerade exakt gelegen kam. Das würde auch erklären, warum die Steuerfahnder nicht wie sonst in solchen Fällen, bei allen wichtigen Verdächtigen gleichzeitig vor der Tür stehen, sondern sich den in der Öffentlichkeit am besten präsentablen aussuchen. Auch wenn Herr Zumwinkel Steuer hinterzogen habe, ist es noch lange kein Freibrief für Propaganda im DDR-Stil und schon gar nicht ein Signal für eine Hetzjagd. Wir sollten kleine Brötchen backen und nachdenken.

Alles zusammen genommen haben wir also ein Problem von Dimension, die alle Lebensbereiche mitten in Nerv trifft – es geht nicht nur um „Reiche“, sondern soziale Standards, um soziale Kompetenzen – um den Zusammenhalt und Leben eines Gemeinwesens.

Man sollte sich nicht nur im Finanzministerium und in aller Öffentlichkeit, sondern in allen relevanten Gremien einmal folgende Frage stellen:
Warum wandern eigentlich selbst Kleinsparer und nicht nur die „bösen Reichen“ mit Ihrem Geld ins Ausland?
Dies kann nicht als „Volkssport Steuerhinterziehung“ abgetan werden, welchen man mit noch stärkeren Strafen bekämpfen muss, wie jetzt von ansonsten programmlosen Politikern gefordert wird. Analog zu Koch Propaganda im Hessischen Wahlkampf gegen die Jugendlichen könnte und wird der Schuss sehr leicht nach hinten gehen.

Wohin führt die Entwicklung?
Werden Bankangestellte weltweit bestochen, damit Sie Daten hergeben?
Wird die Post durchsucht, damit man verdächtige Briefe aus dem Ausland öffnen kann?

– Wird bald jedem Menschen ein Chip eingepflanzt?
– Wird jeder Steuerhinterzieher bald wie ein Mörder behandelt?
– Wird Deutschland nun mit seinem Auslandsgeheimdienst andere Staaten aushorchen und aushöhlen?

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